Wussten Sie eigentlich …
… dass der biologische Egoismus bedeutet, zunächst das eigene Wohlergehen zu sichern? Es wurden aber auch Buckelwale beobachtet, die eine Robbe zum Schutz gegen Schwertwale begleiteten oder eine Ente, die einen Hund schützend unter ihre Flügel nahm. Tiere können also von Natur aus hilfsbereit sein.
Sind Sie hilfsbereit?
Selbstverständlich, würden wohl die allermeisten Menschen sagen. Theoretisch bereit zur Hilfe zu sein und tatsächlich auch praktisch Hilfe zu leisten trennt aber oft ein Bündel an Gründen. 1964 wurde in einem bewohnten Hinterhof in New York, eine junge Frau 45 Minuten lang immer wieder angegriffen, bis sie starb. Laut Berichterstattung der New York Times waren mehr als 35 Menschen Zeugen des Mordes, doch niemand rief die Polizei. Dieses erschütternde Ereignis motivierte die Forschung, das Hilfeverhalten der Menschen zu beleuchten. Der Zuschauer-Effekt belegt, dass mit einer größeren Zahl der an einem Geschehen Beteiligten die passiven Zuschauer dominieren. Was viele machen, wird schon richtig sein. Wo viele die Verantwortung übernehmen könnten, entsteht Verantwortungsdiffusion. Social Loafing meint, dass viele Menschen sich auf andere verlassen, passiv bleiben und wenn dann nur als Trittbrettfahrer aktiv werden. Die Frage Eingreifen oder nicht beinhaltet eine Abwägung persönlicher Kosten. Welchen Schaden könnte ich nehmen? Habe ich jetzt überhaupt die Zeit für Hilfestellung? Auch die Frage „Reicht mein Verhaltensrepertoire, um hilfreich zu sein? Oder richte ich hier vielleicht nur noch mehr Schaden an?“ ergibt eher noble Zurückhaltung. Der Bystander-Effekt lebt auch von der Scheu, sich zu exponieren. Wer als Helfer in den Vordergrund tritt, wird von anderen bewertet. Die Angst, sich zu blamieren, mündet schnell in Passivität. Verhaltensbremsen haben aber nicht nur die potentiellen Helfer. In der Psychologie Heute Compact Nr. 80 sind Gründe benannt, warum Menschen gutgemeinte Geschenke und Hilfsangebote ablehnen. Das kann in der Abwehr von Intimität und Nähe, der Angst vor Kontrollverlust, der Sorge, dass an jedes Geschenk eine Bedingung geknüpft ist, der Überzeugung, zu empfangen sei egoistisch, dem Druck, etwas zurückgeben zu müssen begründet liegen.
Key Takeaway
Hilfe sollte helfen und keine Alibihandlung sein. „Allzu oft werden diejenigen als hilfsbereit gelobt, die Blinden eine Brille anbieten.“ (Gregor Brand). Gewähren sie Ihre Gunst ohne Rückforderungsschein. Gebraucht zu werden, erhöht den Selbstwert. Praktizierte Hilfe stärkt Beziehungen. Laut des Benjamin Franklin Effekts finden wir Menschen sympathischer, denen wir etwas Gutes getan haben.
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Ihr
Dr. Stefan Gerhardinger