Wussten Sie eigentlich …
… dass die menschliche Wahrnehmung überaus anpassungsfähig ist? Zu experimentellen Zwecken getragene Umkehrbrillen stellen das Wirklichkeitsbild auf den Kopf und schon nach einigen Tagen dreht unser Gehirn das Bild in die stimmige Normallage. Oben ist wieder oben und unten wieder unten.
Konstruktion von Wirklichkeit
„Heute ist die gute alte Zeit von morgen“, sagte Karl Valentin. Wahrnehmung ist nie objektiv, sondern wird durch uns aktiv mitgestaltet. Wir sehen die Welt durch unsere eigene Lebenssichtbrille. Jedem Wahrnehmungssinn ist ein Filter vorgeschaltet. Im Erleben treffen Sinnesdaten und Erwartungen aufeinander. Kognitive und emotionale Prozesse, Beziehungserfahrungen, Aufmerksamkeit und aktuelle Bedürfnisse lenken die Wahrnehmung, wobei davon sehr viel unbewusst abläuft. Mach Sie einen Test: YouTube Dirk Hannemann-Trainer https://www.youtube.com/watch?v=9hV8-tEka4E. Wir haben es doch mit eigenen Augen gesehen und mit eigenen Ohren gehört, also muss es auch richtig sein! Die Psychologie der Zeugenaussage beschreibt da ganz andere Gesetzmäßigkeiten. Wenn zehn Ereigniszeugen befragt werden, sind deren Aussagen eher diskrepant als deckungsgleich. Suggestionen in der Zeugenbefragung spielen eine bedeutsame Rolle bei der Wahrnehmungsverzerrung. Die Frage „Haben sie bemerkt, dass die Waffe stets auf das Opfer gerichtet war.“ lässt uns im Geschehen eher eine Waffe sehen, obwohl die in der Realität nie vorkam. Wir unterliegen inneren und äußeren Manipulationen. Projektionen, Übertragungs- und Gegenübertragungsphänomene, Vorurteile, Klischees, unverrückbare eigene Einstellungen, Bestätigungsfehler, überzogene Verallgemeinerungen, Verzerrungen der Erinnerung zum Positiven oder Negativen, Fehler in der Zuschreibung von Verantwortung für ein Ereignis, dichotomes schwarz-weiß-Denken sind die Klassiker der individuellen Gestaltung von Wirklichkeit. Wir verwenden individuell geprägte Erfahrungen wie Schablonen. Unreflektiert können uns Schemata auch ganz oft in die Irre leiten. Die Botschaft lautet sicher nicht, fortan der eigenen Wahrnehmung komplett zu misstrauen. Setzen Sie aber Ihre psychologische Weltsichtbrille öfter mal bewusst ab, reflektieren sie kritisch und gleichen sie Ihre Wahrnehmung mit der anderer Ereigniszeugen ab.
Key Takeaway: Der Better-Than-Average-Effect beschreibt das Phänomen, dass wir z.B. überzeugt sind, ein wesentlich besserer Autofahrer, unbedingt fürsorglicher und deutlich selbstreflektierter zu sein, als mindestens 80 % unserer Zeitgenossen. Liking-Gap hingegen benennt die Diskrepanz zwischen dem, wie wir glauben von andern gemocht zu werden und der tatsächlichen Einschätzung durch unser Gegenüber. Die empirisch belegte gute Nachricht: Sie sind sympathischer, als Sie denken!“
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Ihr
Dr. Stefan Gerhardinger