Minutenpsychologie

Wussten Sie eigentlich …

… dass die Hysterie als älteste aller beobachteten psychischen Störungen gilt? Schon in vorchristlicher Zeit wurde darüber berichtet. Ursächlich sah man dafür eine Wanderung der Gebärmutter und somit war die Hysterie als Frauenleiden definiert. Hystéra ist der griechische Name für Gebärmutter.

Mysterium Psychoanalyse?

Der französische Arzt Charcot behandelte im auslaufenden 19. Jahrhundert Funktionsausfälle ohne erkennbare körperliche Ursachen, wie etwa Lähmungen, erfolgreich mit Hypnose. Die Klientel war überwiegend weiblich, weshalb man die körperlichen Leiden als Ausdruck verdrängter weiblicher Wünsche sah. Die Gebärmutter wandere durch den Körper auf der Suche nach Bedürfnisbefriedigung und produziere damit Symptome. Sigmund Freud hospitierte bei Charcot und kehrte inspiriert nach Wien zurück. Mit seinem kongenialen Partner Josef Breuer entwickelte er fortan die Psychoanalyse. Diese Gründerväter der Psychotherapie vermuteten unverarbeitete, unbewusste frühkindliche Konflikte als Ursache für psychische Problematik im Erwachsenenalter. Freud schuf das Instanzenmodell der Psyche, wonach das ICH, den Ansprüchen des triebgesteuerten ES, den Anforderungen der oft unerbittlichen Moralinstanz ÜBER-ICH und den Verlockungen der Außenwelt vermittelnd gerecht werden muss. Ein starkes, gut abgegrenztes ICH kann diese Spannungen bewältigen. Ein eher schwaches ICH wird von den Konfliktparteien überrannt und kann sich nur mit Verdrängung behelfen. Abgewehrte Konflikte bleiben aber virulent und bahnen sich ihren Weg in Form psychischer Störungen. Psychoanalyse versteht sich als Redekur, die mit Hilfe freier Assoziation, Deutung und Traumdeutung, Widerstandsanalyse und Übertragungs- und Gegenübertragungsanalyse dem ICH zu später Einsicht in ungelöste frühe Konflikte verhelfen soll. Ein gereiftes ICH wird somit in die Lage versetzt, nunmehr bewusst innerpsychische Konflikte zu bearbeiten.

Key Takeaway: Psychoanalyse fasziniert und scheidet die Geister. Die Couch des Psychoanalytikers wurde schon mal als Klo für die Seele beschrieben und man hielt ihr vor, die Geisteskrankheit zu sein, für deren Therapie sie sich hält. Psychoanalyse und ihre Abkömmlinge in Form tiefenpsychologisch fundierter Therapie sind anerkannte Richtlinienverfahren. Dem Ungesagten Stimme zu geben ist ein Wesenszug der Psychotherapie. Gehen Sie in sich: Wo sitzen Ihre seelischen Altlasten? Welche Psycho-Leichen sind in Ihrem Seelen-Keller?

Literaturtipp: „Und Nietzsche weinte …“ von Irvin Yalom beschreibt die fiktive Psychoanalyse Friedrich Nietzsches durch Josef Breuer.

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Ihr

Dr. Stefan Gerhardinger